Eine typische Sachgeschichte: Die Herstellung eines Alltagsgegenstandes. So ein Ding, das jeder kennt und keiner groß beachtet: Ein Speichenreflektor. Das ist so ein kleines gelbes Plastikding, das bei vielen Fahrrädern zwischen den Speichen der Räder klemmt. In der Fabrik wird ein Speichenreflektor aus zwei Hälften zusammengesetzt und verschweißt. Mit Ultraschall.

Dazu legte eine Mitarbeiterin in der Fabrik die beiden gelben Plastikhälften übereinander in eine Schablone, so dass die Innenseiten der Hälften aufeinander lagen. Die Schablone war eine von vielen auf einem runden Teller aus Metall. Die Schablonen für die Reflektoren waren auf dem Teller angeordnet, wie die Fünf-Minutenstriche auf dem Zifferblatt einer Uhr. Bei sechs Uhr legte die Frau zwei gelbe Plastikhälften in die Schablone, mit der rechten Hand die untere Hälfte, mit der linken die obere Hälfte. Die Maschine drehte den Teller mit den Schablonen einen Schritt weiter, immer im Uhrzeigersinn, die Frau legte die nächsten Hälften ein...

Die Maschine drehte sich schrittweise weiter. Bei zwölf Uhr fuhr die Schablone mit den zwei lose übereinander gelegten Reflektorhälften unter einen Metallkasten. Unter dem Metallkasten wurden die beiden Hälften verschweißt. Sehen konnte man davon nichts. Schon drehte sich der Teller wieder einen Schritt weiter, bei drei Uhr wurde der verschweißte Reflektor ausgeworfen.

Also, was konnten wir davon zeigen? Wir konnten zeigen, das die Mitarbeiterin am Anfang zwei gelbe Plastikteile übereinander in die Maschine einlegt – und dass am Ende aus der Maschine ein gelber Reflektor plumpst. Sieht fast aus, als wäre er aus einem Stück Plastik.

Viele Möglichkeiten, der Mitarbeiterin bei ihrer Tätigkeit mit meiner Kamera über die Schulter zu schauen, hatte ich nicht. Leider verdeckte mir die Frau mit ihren Händen das Bild genau dann, wenn man sehen sollte, dass sie zwei lose Plastikhälften übereinander in die Maschine legt.

Kein Problem, dachte ich und fragte die Dame:

„Können Sie die beiden Teile auch nur mit der rechten Hand einlegen? Ihre linke Hand verdeckt mir immer das Bild.“ Übergangslos nahm die Mitarbeiterin die Teile nur mit ihrer rechten Hand und legte sie einhändig in die Schablone.

„Bist du wahnsinnig!?“, regte sich Herr Maiwald auf, „Das ist hier kein Filmstudio! Die Frau macht ihre Arbeit, sie hat ihre Handgriffe, ihren Rhythmus! Und du musst sehen, wie du mit der Kamera da hinkommst! Wir verändern hier nichts.“