Erzählstimmen im aktuellen Film
Christina Heiser

Marburger Schriften zur Medienforschung [48]

400 Seiten, 148 x 210 mm, zahlreiche Abbildungen, zahlr. Abb
1. Aufl., Februar 2014
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ISBN 978-3-89472-877-9
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Erzählstimmen im aktuellen Film

Strukturen, Traditionen und Wirkungen der Voice-Over-Narration

Die Voice-Over-Narration wurde bislang nur als unbedeutendes Erzählphänomen des Films betrachtet und daher kaum untersucht. Dies mag an der scheinbaren Dominanz liegen, welche die Stimme eines Erzählers über die visuelle Narration eines Films auszuüben vermag. Jedenfalls trug dieser Umstand unter anderem dazu bei, dass die Voice-Over-Narration lange als ein inadäquates Behelfsmittel für den Film angesehen wurde. Im klassischen Erzähl-Kino wurde die Voice-Over-Narration zur Bestätigung des visuellen Geschehens eingesetzt. Sie dient dazu Rückblenden ein- oder auszuleiten, Übergänge zwischen einzelnen Handlungssequenzen zu schaffen oder zeitliche und räumliche Wechsel deutlich zu machen. Erzählstimmen können dem Zuschauer aber auch einen tieferen Einblick in die Gedankenwelt der Figuren ermöglichen und so zu einer maßgeblich subjektivierten Erzählperspektive führen. Gleichzeitig üben Erzählstimmen eine grundlegende Faszination auf den Zuschauer aus, da sie ihm das Gefühl vermitteln, von jener Stimme direkt angesprochen zu werden. Die Voice-Over-Narration verbindet das filmische Erleben des Sehens und Hörens, indem sie jene beiden maßgeblichen Informationsebenen parallel zueinander aktiviert und so miteinander, nebeneinander oder gar gegeneinander positioniert. Die komplexe Synergie aller Aspekte des filmischen Erlebens und Wahrnehmens treten in einem Film, in dem Erzählstimmen verwendet werden besonders deutlich zum Vorschein, da Bild und Ton als gleichwertige, sich gegenseitig bereichernde Partner verstanden werden. Demzufolge verbinden sich in der Voice-Over-Narration, mittels einer technischen und ästhetischen Koppelung, das Bild und die ursprünglichste Form der Erzählung – die orale Narration - zu einem ästhetisch-narrativen Tanz, der besonders häufig im aktuellen Film wahrgenommen werden kann. Erzählstimmen fungieren im aktuellen Film nicht nur als bevorzugtes Instrument einer radikalen Subjektivierung, sondern dienen auch der Dekonstruktion der klassisch, narrativen Struktur, was sich anhand exemplarischer Analysen von Filmen der letzten 15 Jahre zeigt, wie z. B. in Memento, Adaptation, Le Fabuleux Destin d'Amélie Poulain, Stranger Than Fiction oder The Curious Case of Benjamin Button. Dort findet ein Spiel aus Kontinuität und kalkulierten Brüchen statt. Es bedurfte also einer Neueinordnung der Voice-Over-Narration in den filmwissenschaftlichen Kontext. Unterschiedlichste Diskurse mussten nachgezeichnet und zusammengefasst werden, um die drei essentiellen Aspekte dieses Phänomens – den Ton, die Stimme und das Erzählen – miteinander zu verknüpfen und einen vollständigen Überblick über das Themenfeld, die Entwicklungsgeschichte und Wirkungsmöglichkeiten zu erhalten. Die Verwendung der Voice-Over-Narration lässt sich dabei als stetige Weiterentwicklung einer narrativen Strategie erkennen, deren letztendliches Ziel es ist auditives und visuelles Erzählen über eine Variation von komplexen Koppelungen weiterzuführen.

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